Positionspapier: Einsatz von Künstlicher Intelligenz in der Sprachmittlung

In einer Zeit, in der die Errungenschaften der Künstlichen Intelligenz (KI) unsere Gesellschaft prägen und transformieren, ist es unerlässlich, die Auswirkungen auf unsere Kommunikations- und Interaktionsweisen zu reflektieren. Technologien im Bereich der Sprachverarbeitung, die Fähigkeiten wie Spracherkennung, Text-to-Speech und automatisierte Übersetzungen umfassen, haben signifikante Fortschritte gemacht und versprechen eine nahezu grenzenlose Vernetzung von Menschen über Sprachbarrieren hinweg. Doch, wie der Deutsche Ethikrat (2023) feststellt, ist eine kritische Auseinandersetzung mit den Fähigkeiten und Grenzen der KI, besonders in Bereichen, in denen sensibles und nuanciertes Handeln gefordert ist, unerlässlich.

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Grenzen von KI – Vorzüge menschlicher Sprachmittlung

Die Präzision der Sprache

Sprache ist ein facettenreiches Instrument menschlicher Kommunikation, das weit über die bloße Übermittlung von Informationen hinausgeht. Sie transportiert Kultur, Emotionen und subtile Botschaften, die essentiell für das zwischenmenschliche Verständnis sind. Hier stößt KI schnell an ihre Grenzen, da sie kontextuelle Feinheiten und kulturelle Nuancen nur bedingt erfassen kann. Ein ungenau übersetztes Wort oder eine fehlinterpretierte Phrase kann in sensiblen Bereichen wie der Rechtspflege, Diplomatie oder im Gesundheitswesen schwerwiegende Konsequenzen haben. Die Technologie ist noch nicht in der Lage, die volle Bandbreite menschlicher Sprache und die damit verbundenen emotionalen und kulturellen Komponenten zu erfassen und adäquat wiederzugeben. Dies verdeutlicht die essenzielle Rolle des Menschen in der Sprachvermittlung, besonders im Hinblick auf die Vermeidung von Automation Bias und die Notwendigkeit von Plausibilitätsprüfungen, wie sie der Deutsche Ethikrat (2023) in seinen Empfehlungen für den medizinischen Bereich vorschlägt.

Die menschliche Dimension

Der Mensch als Dolmetscher bringt nicht nur sprachliche Fähigkeiten, sondern auch interkulturelle Kompetenz und die Fähigkeit zur Empathie in die Kommunikation ein. Diese menschliche Dimension ist insbesondere in sensiblen Bereichen nicht durch KI ersetzbar. Die persönliche Interaktion, das Einfühlungsvermögen und die Fähigkeit, den emotionalen Unterton eines Gesprächs zu interpretieren, sind grundlegende Bestandteile einer jeden Kommunikation, die über den reinen Informationsaustausch hinausgehen. Darüber hinaus besitzen Menschen die Fähigkeit, im Dialog zu lernen und sich anzupassen, was eine kontinuierliche Verbesserung und Verfeinerung der Kommunikation ermöglicht, die KI in absehbarer Zeit nicht leisten kann.

Die Illusion der Vollkommenheit: Das Pareto-Prinzip

Das Pareto-Prinzip verdeutlicht, dass häufig mit 20 Prozent des Gesamtaufwands bereits 80 Prozent des Ergebnisses erreicht werden können. Bei KI-Übersetzungen ist es ähnlich: Eine hohe Genauigkeit in der Mehrzahl der Fälle zu erreichen, ist machbar, doch die Komplexität und Feinheit menschlicher Sprache in ihrer Gänze zu erfassen, bleibt herausfordernd. Insbesondere in sensiblen Kontexten, wo jeder Nuance eine bedeutende Rolle zukommt, ist das fehlende letzte Fünftel, das tiefe kulturelle Verständnis und die emotionale Intelligenz, ausschlaggebend für die Qualität der Kommunikation. Hier zeigt sich, dass die KI noch weit davon entfernt ist, die subtilen Aspekte der menschlichen Sprache und Interaktion zu meistern. Die Diskrepanz zwischen der Leistungsfähigkeit von KI-Systemen und der Komplexität menschlichen Sprachgebrauchs unterstreicht die Unersetzbarkeit menschlicher Expertise und das Risiko von Fehlinterpretationen, wenn diese Technologien in kritischen Bereichen eingesetzt werden, ohne menschliche Überwachung und Eingriffsmöglichkeiten zu berücksichtigen.

Wirtschaftliche Überlegungen: Wert vs. Preis

Der Einsatz von KI-Systemen in der Übersetzungs- und Dolmetschbranche mag aus kurzfristiger finanzieller Sicht verlockend sein, da die Anschaffungskosten für KI oft geringer sind im Vergleich zu den Gehältern qualifizierter menschlicher Dolmetscher. Doch die ökonomische Betrachtung darf nicht die langfristigen sozialen und kulturellen Kosten vernachlässigen, die durch den Verlust menschlicher Expertise entstehen können. Der Deutsche Ethikrat (2023) betont die Notwendigkeit, die Qualität der Kommunikation, das durch präzise und empathische Sprachvermittlung aufgebaute Vertrauen und die langfristigen Folgen von Übersetzungsfehlern in die Kosten-Nutzen-Rechnung einzubeziehen. Fehlinterpretationen können zu schwerwiegenden Missverständnissen und rechtlichen Problemen führen, deren Behebung wiederum erhebliche Kosten verursachen kann.

Datenschutz und Vertraulichkeit

Im Hinblick auf Datenschutz und Vertraulichkeit ist zu beachten, dass KI-Systeme anfällig für programmierte und systemische Verzerrungen sind. Die Trainingsdaten, mit denen KI-Modelle gefüttert werden, können vertrauliche Informationen enthalten, die unbeabsichtigt Muster offenbaren, die Rückschlüsse auf Einzelpersonen oder sensible Situationen zulassen (Deutscher Ethikrat, 2023). Dieses Risiko wird noch verstärkt durch die potenzielle Anfälligkeit für Cybersicherheitsrisiken, wie Hackerangriffe oder unbefugten Zugriff auf Cloud-Speicher, wodurch sensible Daten kompromittiert werden könnten – ein Risiko, das bei menschlichen Dolmetschern in dieser Form nicht besteht.

Fazit zu KI in der Sprachmittlung

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die Stärken und Schwächen der KI in der Sprachvermittlung realistisch zu bewerten sind. KI kann ein wertvolles Werkzeug sein, das menschliche Arbeit in vielen Bereichen unterstützt, aber es kann den menschlichen Dolmetscher, insbesondere dort, wo es um mehr als nur Worte geht, nicht ersetzen. Um die bestmögliche Kommunikation in all ihren Facetten zu gewährleisten, gilt es, eine Balance zwischen technologischem Fortschritt und menschlicher Expertise zu finden. Der Mensch bleibt die essenzielle Komponente im Herzen der Verständigung und des Vertrauens, ein Punkt, der auch vom Deutschen Ethikrat (2023) in seinen umfassenden Empfehlungen zum Einsatz von KI über verschiedene Sektoren hinweg betont wird.

Positionspapier verfasst von Omid Chini Foroushan